Die Nebenschilddrüse besteht aus vier kleinen einzelnen Hormondrüsen, die am Hals neben der Luftröhre liegen.
In diesen Hormondrüsen wird das Parathormon gebildet .
Parathormon ist ein Hormon , welches den Knochenabbau verstärkt und damit den Calciumspiegel im Körper erhöht.
Untersuchung
Um die Funktion der Nebenschilddrüse zu messen bestimmt man folgende Werte :
Calcium im Blut , Phosphat im Blut , Parathormon im Blut .
Erkrankungen der Nebenschilddrüse
(Parathyreoidea, Epithelkörperchen)
Ontogenetisch stammen die Nebenschilddrüsen vom dorsalen Epithel der 3. und 4. Kiementasche. Bis zu 20% können Epithelkörperchen im Bereich der Thymusdrüse, d.h. im kranialen Mediastinum, liegen. Der Thymus stammt vom ventralen Epithel derselben Kiementaschen.
Anatomisch finden sich in der Regel vier Epithelkörperchen, zwei kraniale und zwei kaudale, die der Schilddrüse anliegen.
Physiologische Grundlagen: Das Parathormon (PTH) wird in den Epithelkörperchen gebildet. Es regelt den Kalzium- und Phosphathaushalt in enger Korrelation mit D-Hormon (Vitamin D) und dem Antagonisten Kalzitonin. PTH mobilisiert Kalzium aus dem Knochen und steigert dessen tubuläre Rückresorption in den Nieren. Normalerweise stehen PTH und Kalzium in einem Rückkoppelungsmechanismus, d.h., ein hohes Serumkalzium bremst die PTH-Sekretion. Sind PTH und Kalzium gleichsinnig verändert, so liegt meist eine Erkrankung der Nebenschilddrüsen vor (beim Hypoparathyreoidismus erniedrigt, beim Hyperparathyreoidismus erhöht).
Hypoparathyreoidismus
Er ist meist chirurgisch-iatrogen bedingt, indem bei Kropfoperationen die Blutversorgung der Nebenschilddrüsen verletzt wird oder (namentlich bei atypischer Lokalisation) Nebenschilddrüsen entfernt werden. Kongenitaler, idiopathischer Hypoparathyreoidismus ist sehr selten.
Symptome
Beim akuten (z.B. postoperativen) Hypoparathyreoidismus steht die Tetanie im Vordergrund: Parästhesien in Händen und Füßen, perioral, schmerzhafte Muskelkrämpfe (typische Pfötchen- oder Geburtshelfer-Stellung der Hände, Karpfenmund), Angst, Dyspnoe mit Spasmen der Atemmuskulatur, Durchfälle, Bauchschmerzen, neuromuskuläre Übererregbarkeit (positive Chvostek- und Trousseau-Zeichen). Bei längerdauerndem Hypoparathyreoidismus kann es zu epileptischen Anfällen, Veränderungen von Haut und Haaren, Fingernägeln und Linsen (Katarakt) kommen.
Diagnose
Die Diagnose des Hypoparathyreoidismus wird durch die Hypokalzämie, Hyperphosphatämie, verlängerte ST-Strecken und sehr kurze Wellen im EKG nahegelegt und durch den deutlich erniedrigten Parathormonspiegel (RIA) im Blut bewiesen.
Therapie
Im tetanischen Anfall: 20 -40 ml Calciumgluconat-Lösung 10%ig, langsam intravenös. Dauertherapie bei chronischem Hypoparathyreoidismus: Vitamin D3, Dihydrotachysterol (A.T. 10®) oder 1,25-Dihydroxycholecalciferol.
Hyperparathyreoidismus
Die häufigste Ursache des primären Hyperparathyreoidismus bildet ein einzelnes Parathyreoidea-Adenom, seltener (ca. 5%) die Anwesenheit mehrerer Adenome, in 10 -15% eine diffuse Parathyreoideahyperplasie oder ein Parathyreoideakarzinom, die für die Überproduktion von Parathormon und die Hyperkalzämie verantwortlich sind.
Bei familiärem Vorkommen und im Rahmen einer multiplen endokrinen Neoplasie (MEN) können ein oder mehrere Epithelkörperchen erkrankt sein:
MEN I: Parathyreoideahyperplasie + Hypophysenadenom + endokrines Pankreasadenom.
MEN II: Parathyreoideahyperplasie + Phäochromozytom + medulläres Schilddrüsenkarzinom (sog. Sipple-Syndrom).
Symptome
Der primäre Hyperparathyreoidismus ist eine meist chronische Erkrankung, die unerkannt über Jahre verlaufen kann und nicht selten zu organischen Sekundärmanifestationen führt.
Entsprechend wird das Symptomenbild von diesen Manifestationen geprägt:
Renale Manifestationen: Die Hyperkalzämie und Hyperkalzurie haben Nephrolithiasis und Nephrokalzinose und Nierenschädigung zur Folge.
Ossäre Manifestationen: Die klassische Form des primären Hyperparathyreoidismus war die Osteodystrophia fibrosa cystica generalisata von Recklinghausen, deren Vollbild heute dank früherer Diagnosestellung selten geworden ist. Die generelle Demineralisierung des Skelettes ist über lange Zeit asymptomatisch.
Neuromuskuläre Symptome sind abnorme Ermüdbarkeit und Muskelschwäche. Psychische Veränderungen wie Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit, Affektlabilität und Neigung zu Depressionen gehören ebenfalls zu dieser Symptomengruppe.
Gastrointestinale Symptome wie Appetitlosigkeit, Übelkeit und Obstipation sind häufig, evtl. Ulkuskrankheit und Pankreatitis.
Die akute Hyperkalzämiekrise ist lebensbedrohlich, manifestiert sich durch unstillbares Erbrechen, schwere Dehydratation, Bewußtseinsstörungen bis zum Koma.
Diagnose
Die klinische Diagnose des Hyperparathyreoidismus stützt sich auf die renale, ossäre und Hyperkalzämiesymptomatik. Die Labordiagnostik des Hyperparathyreoidismus besteht im Feststellen von Hyperkalzämie, Hypophosphatämie (außer bei Niereninsuffizienz!) und erhöhtem Parathormonspiegel im Serum. Erhöhte alkalische Phosphatase und Hyperkaliurie sind gelegentlich weitere nützliche Parameter, ebenso die verkürzte QT-Zeit im EKG und die erhöhte Ausscheidung von cAMP (zyklischem Adenosinmonophosphat) im Urin. Generalisierte Demineralisation und subperiostale Resorption (besonders an den Phalangen) im Röntgenbild sind zusätzliche Stützen der Diagnose.
Differentialdiagnostisch ist zu erwägen, daß der Hyperkalzämie andere Ursachen zugrunde liegen, z.B. maligne Tumoren mit Knochenmetastasen, Hyperthyreosen, Sarkoidose, akute Niereninsuffizienz, Steroidentzug und medikamentöse Vitamin-D-Intoxikation.
Zur Lokalisationsdiagnostik eines Adenoms oder Karzinoms der Epithelkörperchen können die Sonographie und die Computer- und Kernspintomographie nützlich sein.
Die selektive Venenkatheterisierung und Bestimmung des Parathormons im Venenblut sind aufwendig und kommen nur bei Reoperationen in Frage.
Therapie
Die Therapie des primären Hyperparathyreoidismus ist die operative Freilegung aller 4 Epithelkörperchen und die Entfernung des Parathyreoideaadenoms. Bei der viel selteneren Hyperplasie der 4 Drüsen werden 31/2 davon entfernt.
Präoperativ müssen Elektrolytverschiebungen und Exsikkose ausgeglichen werden.
Postoperativ auftretende Hypokalzämie (z.T. nur reaktiv, passager, evtl. als bleibender Hypoparathyreoidismus) muß mit Kalzium korrigiert werden, später mit einem Vitamin-D-Präparat (z.B. A.T. 10® oder Rocaltrol®).
Sekundärer „reaktive“ Hyperparathyreoidismus
Der sekundäre „reaktive“ Hyperparathyreoidismus tritt als Komplikation chronischer Nierenerkrankungen und langdauernder Osteomalazie auf, als Folge langdauernder Hypokalzämie und kompensatorischer Reaktion der Nebenschilddrüsen.
Diese Form des sekundären Hyperparathyreoidismus betrifft überwiegend Patienten unter chronischer Hämo- oder Peritonealdialysebehandlung. Sie kann auch erst nach einer erfolgten Nierentransplantation offenkundig werden.
Abhängig von der Zeitdauer entwickelt die größere Zahl aller Dialysepatienten während der Behandlung einen klinisch bedeutsamen sekundären Hyperparathyreoidismus. In der Regel kann er mit Kalziumzufuhr, Vitamin-D-Metaboliten und phosphatarmer Diät erfolgreich kontrolliert werden. Etwa 5% aller Betroffenen bedürfen der operativen Behandlung. Entsprechend der reaktiven Erkrankung handelt es sich stets um eine Vierdrüsen-Beteiligung mit gelegentlich sehr unterschiedlich stark ausgeprägter Hyperplasie der Nebenschilddrüsen.
Symptome
Die klinischen Auswirkungen eines sekundären Hyperparathyreoidismus manifestieren sich in Form der renalen Osteopathie. Sie äußert sich vornehmlich durch Knochenschmerzen verschiedenster Lokalisation. Durch Ablagerung von Kalziumphosphat kann es zu extraossalen Verkalkungen in Weichteilen, vor allem in periartikulärem Gewebe, und zu verstärkten Gefäßverkalkungen kommen. Besonders beeinträchtigend kann infolge von Kalziumphosphatablagerungen in der Haut ein quälender Juckreiz sein. Im fortgeschrittenen Stadium kann eine generalisierte Myopathie zu schwerer Bewegungsbehinderung führen.
Diagnose
Die Untersuchungen erstrecken sich zunächst auf die gleichen Werte wie bei der Primärerkrankung: Serum-Kalzium, Serum-Phosphat und Parathormon im Serum. Es besteht regulärerweise zunächst eher eine Normokalzämie und infolge der Eliminationsbehinderung eine Hyperphosphatämie. Gleichfalls wegen Abbau- und Ausscheidungsbehinderung ist bei niereninsuffizienten Patienten eine Parathormonerhöhung im Serum eher regulär. Bei Erhöhung über das 10fache der Norm allerdings liegt bereits eine schwere Krankheitsausprägung vor. Im Spätstadium entwickelt sich mit zunehmender Nebenschilddrüsenhyperplasie und Verlust konservativer Therapiewirksamkeit eine Hyperkalzämie. Einen wichtigen Hinweis auf den destruierenden Knochenprozeß liefert die Erhöhung der alkalischen Phosphatase. Röntgenaufnahmen der Hände zeigen typische subperiostale Resorptionszonen an den Radialseiten der Fingermittelphalangen und Akroosteolysen. Ähnliche oder gleichartige Umbauprozesse werden an symptomatischen Skelettabschnitten sichtbar und können sich bis hin zu Spontanfrakturen entwickeln.
Die Operationsindikation wird bestimmt durch die subjektiven und unbeeinflußbaren Beschwerden der Knochenschmerzen und des Pruritus, in Gegenwart von Spontanfrakturen, einer durch Knochenbiopsie nachgewiesenen schweren renalen Osteopathie oder schließlich durch Einsetzen einer Hyperkalzämie.
Therapie
Für die Operation bieten sich zwei voneinander verschiedene Vorgehensweisen an:
1.Die subtotale Parathyreoidektomie mit Resektion von 31/2 hyperplastischen Nebenschilddrüsen und Erhaltung eines Teilrestes von mindestens Normaldrüsengröße in regulärer Lokalisation.
2.Totale Parathyreoidektomie, also vollständige Entfernung und gleichzeitige Autotransplantation von 20 *1 mm3 großen Nebenschilddrüsenstückchen in die Muskulatur eines Unterarmes.
Das erste Verfahren geht davon aus, daß der an regulärer Stelle verbliebene kleine Nebenschilddrüsenrest in seiner Funktion therapeutisch unter der fortgesetzten Dialyse wieder kontrollierbar ist und nach angestrebter und erfolgreicher Nierentransplantation ohnehin eine normale Regulation einsetzt.
Das radikalere Verfahren mit Autotransplantation berücksichtigt das grundsätzlich bestehende Rezidivrisiko und möchte ein Erfordernis erneuter Halsoperation ausschließen.
Die Rezidivhyperplasie im Transplantat am Unterarm kann leicht zugängig in Lokalanästhesie einer Reduktion zugeführt werden.
Nach Operation – gleich welcher Technik – ist eine ausreichend hohe Kalzium- und auch Vitamin-D-Supplementierung erforderlich, einerseits bis zur sicheren Funktion von Drüsenrest oder Transplantat und andererseits wegen heftig einsetzender ossärer Remineralisation.
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